Immobilienverband

Das Geschäft mit der Umwelt

von Dr. Christian Osthus, Leitung Abteilung Recht, IVD Bundesverband

Christian Osthus_PortraitSeit dem 1. Mai 2014 müssen Immobilienanzeigen in kommerziellen Medien bestimmte Angaben aus dem Energieausweis enthalten. Unterbleiben die Angaben, obwohl ein Energieausweis tatsächlich vorliegt, oder sind diese unvollständig, kann dies ein Bußgeld oder eine Abmahnung nach sich ziehen. Während Bußgelder offenbar aufgrund von Personalknappheit und fehlender Durchführungsvorschriften auf Landesebene eher selten sind, kommt es jedoch vermehrt zu Abmahnungen. Mitbewerber und Verbraucherschutzverbände im Sinne von § 4 des Unterlassungsklagengesetzes durchforsten systematisch Immobilienanzeigen, um Verstöße gegen die Energieeinsparverordnung (EnEV) kostenpflichtig abzumahnen. Zu solchen Verbraucherschutzverbänden zählt vor allem die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die ihre Tätigkeit auch aus öffentlichen Fördermitteln finanziert.

Abmahnungen sollten nicht auf die leichte Schulter genommen werden oder gar ignoriert werden. Es ist genau zu prüfen, ob ein Verstoß tatsächlich vorliegt. Dies ist zuweilen nicht ganz einfach, da es verschiedene Zweifelsfragen gibt, die letztlich noch durch die Rechtsprechung zu klären sind. Eine Unterstützung erhalten IVD-Mitglieder durch die Wettbewerbshotline des IVD Bundesverbandes. Hierzu wenden Sie sich an Rudolf Koch - koch@ivd.net.

Landgericht Gießen sieht Immobilienmakler nicht in der Pflicht

In der Praxis erhalten Immobilienmakler am häufigsten Abmahnungen. Verwalter oder gewerbliche Vermieter stehen seltener im Fokus. Würde es alleine nach dem Landgericht Gießen gehen, wären alle derartigen Abmahnungen an Makler unberechtigt. Denn nach einer aktuellen Entscheidung des Gerichts, die allerdings nicht rechtskräftig ist, gehören Makler nicht zum im Adressatenkreis der EnEV (LG Gießen, Urteil vom 11.09.2015 – AZ. 8 O 7/15). Verpflichtete sind nach § 16a EnEV der Verkäufer, der Vermieter, Verpächter und der Leasinggeber. Hätte der Gesetzgeber den Makler den Pflichten des § 16a EnEV unterwerfen wollen, so hätte er diesen nach Auffassung des Landgerichts auch ausdrücklich in den Anwendungsbereich von § 16a EnEV mit einbeziehen können. Hiervon hat der Gesetzgeber jedoch abgesehen. Eine abweichende Auslegung folge auch nicht unter Berücksichtigung der entsprechenden EU-Richtlinie (2010/31/EU). Es bestehe zwar hiernach eine grundsätzliche Verpflichtung, entsprechende Angaben in Verkaufs- oder Vermietungsanzeigen vorzunehmen. Nicht geregelt sei jedoch, wer von dieser Verpflichtung betroffen ist. Da Verstöße mit einem Bußgeld sanktioniert werden können, wäre eine eindeutige Regelung erforderlich gewesen, die auch den Makler erfasst hätte. Auch das Landgericht Düsseldorf hat in einer zuvor ergangenen Entscheidung den Makler außerhalb des Adressatenkreises des § 16a EnEV eingeordnet (LG Düsseldorf, Urteil vom 8.10.2014 – AZ 12 O 167/14), ohne dies aber in der Tiefe wie das Landgericht Gießen zu begründen.

Die Rechtsauffassung der beiden Landgerichte ist in der Sache sicherlich überzeugend. Es ist jedoch zu erwarten, dass sich die Abmahnindustrie unbeeindruckt zeigt und weiterhin ihrem Geschäft nachgehen wird, solange es keine höchstrichterliche Entscheidung gibt. Bis dahin ist weiterhin Vorsicht geboten. Makler sollten sich so verhalten, als seien sie nach der EnEV verpflichtet. Denn die Pflicht kann sich aus dem Innenverhältnis, also aus dem Maklervertrag ergeben, auch wenn diese Beziehung wettbewerbsrechtlich grundsätzlich keine Rolle spielt.

Ob auch Verwalter aus dem Anwendungsbereich des § 16a EnEV fallen, wurde bisher nicht gerichtlich entschieden. Während sich der Makler typischerweise zwischen Vermieter und Mieter befindet, worauf auch das Landgericht Gießen abgestellt hat, ist dies beim Verwalter nicht der Fall. Im Zweifel ist Verwaltern zu raten, sich der Verpflichtung nach § 16a EnEV – auch aufgrund des Verwaltervertrages – zu unterwerfen.

Kein Anspruch auf Vorabübersendung des Energieausweises

Neben der Frage, ob der Makler in den Kreis der Verpflichteten nach § 16a EnEV fällt, ist eine weitere Fragestellung unabhängig hiervon im Zuge der Abmahnpraxis von Interesse. Betroffen sind dabei insbesondere Inserate, in denen zulässigerweise auf das Fehlen eines Energieausweises hingewiesen wird, da die Pflicht auf das tatsächliche Vorliegen des Ausweises abstellt. Und zwar sieht § 16 Abs. 2 EnEV vor, dass der Verkäufer dem potenziellen Käufer spätestens bei der Besichtigung einen Energieausweis oder eine Kopie hiervon vorzulegen hat. Sofern eine Besichtigung nicht stattfindet, ist der Energieausweis oder eine Kopie hiervon dem potenziellen Käufer unverzüglich vorzulegen. Es sind Fälle bekannt, in denen hieran Abmahnungen geknüpft werden, indem darin vertreten wird, dass generell ein Anspruch auf Übersendung des Energieausweises bestehe, wenn der potentielle Käufer hiernach frage. Ein solcher Anspruch auf Vorabübersendung besteht indes nicht. Nur wenn tatsächlich eine Besichtigung nicht geplant oder möglich ist, kommt eine Vorlagepflicht in Betracht. Weigert sich ein Makler, einen Ausweis zu versenden und verweist dabei darauf, dass der Fragesteller und potentielle Abmahner die Immobilie gerne nach Absprache besichtigen könne, würde eine Abmahnung unberechtigt erfolgen. Gleiches dürfte im Fall einer tatsächlich nicht vorgesehenen Besichtigung gelten, wenn die Eigenschaft als potentieller Käufer nicht nachgewiesen werden kann, etwa weil keine Finanzierungszusage vorgelegt werden kann.

Die zahlreichen Abmahnungen, die sich teileweise auf abenteuerliche Behauptungen stützen, legen den Gedanken nahe, dass es ausschließlich um finanzielle Interessen geht. Dies ist zunächst nicht verwunderlich, unglücklich ist es nur, wenn die Durchsetzung dieser Interessen mit öffentlichen Fördermitteln unterstützt wird.

Zusammenfassung:
  1. Zahlreiche Abmahnungen wegen unterlassener Pflichtangaben aus dem Energieausweis in Immobilienanzeigen gemäß § 16a EnEV
  2. Pflichtangaben betreffen Wohn- und Gewerbeimmobilien gleichermaßen
  3. Landgericht Gießen sieht Makler nicht in der Pflicht nach § 16a EnEV
  4. Makler in § 16a EnEV nicht als Adressat genannt
  5. Makler sollten dennoch Angaben zum Energieausweis machen, da Urteil noch nicht rechtskräftig und es noch keine höchstrichterliche Entscheidung gibt
  6. Liegt ein Energieausweis tatsächlich nicht vor, kann Immobilie dennoch beworben werden – Tipp: Schreiben Sie, dass ein Energieausweis (noch) nicht vorhanden ist
  7. Verwalter sollten Pflichtangaben ebenfalls beachten
  8. Ein genereller Anspruch auf Vorabübersendung des Energieausweises besteht nicht
  9. Beruft sich jemand darauf, potentieller Käufer zu sein, muss dies dargelegt werden

Quelle: AIZ - Das Immobilienmagazin, Ausgabe November 2015