Die Mietpreisbremse steht vor Gericht. Die Verfassungshüter in Karlsruhe werden darüber urteilen, ob das Instrument verfassungsgemäß ist, nachdem das Berliner Landgericht Zweifel daran angemeldet hat. Während die Judikative prüft, sollte die Mietpreisbremse in den Verhandlungen zwischen Union und SPD keine Rolle spielen. Wie auch immer Karlsruhe entscheidet: Dass die Mietpreisbremse gescheitert ist, sollte jedem klar sein.
Von Jürgen Michael Schick, IVD-Präsident
Das Landgericht Berlin hat im Dezember für einen echten Paukenschlag gesorgt: Die Richter haben Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Mietpreisbremse angemeldet, weshalb das Instrument nun vom Bundesverfassungsgericht überprüft werden soll. Ein Paukenschlag ist das, weil die Mietpreisbremse wie kein anderes Instrument für die Regulierungspolitik der vergangenen Jahre steht — und weil das Urteil des Landgerichts mitten in die Diskussion über die Bildung einer abermaligen großen Koalition fällt.
Die Mietpreisbremse behandelt Vermieter ungleich, schreibt das Landgericht Berlin. Mit der ortsüblichen Vergleichsmiete hat der Gesetzgeber demnach eine Bezugsgröße gewählt, die in verschiedenen Städten deutlich unterschiedlich ausfällt und Vermieter daher unterschiedlich stark trifft. Diese Ungleichbehandlung entspricht, so das Landgericht, nicht der Verfassung. Ins Rollen gebracht wurde das ganze Verfahren ursprünglich von zwei Mietern in Berlin- Wedding, die am Amtsgericht Wedding wegen einer ihrer Ansicht nach zu hohen Miete geklagt hatten. Dass die Mietpreisbremse nun möglicherweise durch zwei Mieter gestürzt wird, ist eine ironische Pointe, die erwähnenswert, aber politisch nicht von Belang ist.
Das Verfahren selbst ist politisch allerdings von sehr großem Belang. Denn unweit von Berlin-Wedding, wo die beiden Mieter gegen einen Mietzins von acht Euro pro Quadratmeter geklagt haben, verhandeln Union und SPD gerade darüber, ob und wie sie die kommenden vier Jahre die Bundesrepublik Deutschland regieren werden. Im Wahlprogramm der SPD spielt die Mietpreisbremse eine wichtige Rolle: Die Sozialdemokraten wollen das Instrument gerne noch verschärfen. Daher ist davon auszugehen, dass die Mietpreisbremse in den möglichen Koalitionsverhandlungen mit der Union ein Thema werden soll. Die Entscheidung des Landgerichts Berlin, die Mietpreisbremse vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe prüfen zu lassen, sollte dem nun allerdings einen Strich durch die Rechnung machen.
Während das Bundesverfassungsgericht das Instrument prüft, wäre es in hohem Maße unangemessen, parallel politisch darüber zu verhandeln. Eine Verschärfung der Mietpreisbremse zu fordern, obwohl richterliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Instruments insgesamt angemeldet sind — das geht nicht. Hierbei sollte die Politik unbedingt die Gewaltenteilung beachten und die Judikative in Ruhe ihre Entscheidung treffen lassen.
Der IVD teilt übrigens die Einschätzung des Berliner Landgerichts, dass die Mietpreisbremse Vermieter ungleich behandelt. Unabhängig von der rechtlichen Bewertung ist das Instrument aber auch ein Relikt verfehlter Regulierungspolitik und schon aus diesem Grund abzuschaffen oder zumindest nicht zu erneuern. Von Anfang an wurde die Mietpreisbremse von der Kritik begleitet, dass sie die Probleme auf dem Wohnungsmarkt nicht lösen kann, weil sie die Ursache nicht angeht: den Wohnraummangel. Drei Jahre nach ihrer Einführung ist für jedermann ersichtlich, dass die Kritik zutraf. Die Mietpreisbremse ist gescheitert. Nun nicht nur eine Fortsetzung, sondern sogar eine Verschärfung zu fordern, ist Ausdruck einer gefährlichen Unbelehrbarkeit. Wenn man einen falschen Weg einschlägt, bringt es nichts, ihn noch schneller zu laufen. Man muss die Richtung ändern.
Möglicherweise nimmt das Bundesverfassungsgericht der Politik diese Richtungskorrektur jetzt ab. Es wäre das unrühmliche Ende eines unrühmlichen Gesetzes. Und hoffentlich das Ende einer schädlichen Regulierungspolitik.