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Umsetzung der Entscheidung des BVerfG zum Berliner Mietendeckel – Als ob es den Mietendeckel nie gegeben hätte
Mit seinem Beschluss vom 25. März 2021 hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts den Berliner Mietendeckel (Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin, (MietenWoG Bln) für nichtig erklärt, weil dem Land dafür die Gesetzgebungskompetenz fehlt (2 BvF 1/20, 2 BvL 4/20, 2 BvL 5/20). Der Beschluss ist 69 Seiten lang, die eigentliche Begründung aber ist einfach und klar: Das Land Berlin hat nicht die Gesetzgebungsbefugnis für ein solches Gesetz. Regelungen zur Miethöhe für frei finanzierten Wohnraum fallen in die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit. Auf diesem Gebiet sind die Länder zur Gesetzgebung nur befugt, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz keinen abschließenden Gebrauch gemacht hat (Art. 70, Art. 72 Abs. 1 GG). Da der Bundesgesetzgeber das Mietpreisrecht in den §§ 556 bis 561 BGB abschließend geregelt hat, ist für die Gesetzgebungsbefugnis der Länder kein Raum. Die Frage, ob das Gesetz auch inhaltlich verfassungswidrig ist, weil es die grundrechtlich geschützten Rechte der Vermieter verletzt, hat das Gericht nicht geprüft, weil es drauf nicht mehr ankam. Die Entscheidung ist mit ihrer Veröffentlichung am 15.4.2021 wirksam geworden. Eine Übergangsfrist gibt es nicht. Es ist so, als habe es den Mietendeckel niemals gegeben.
Die Rechtslage ist so klar und eindeutig, dass sie den meisten der am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten von Anfang an klar gewesen sein dürfte. Wer die Berliner Verhältnisse kennt, weiß, dass hier Vielen das politisch erwünschte Ergebnis wichtiger ist als die Rechtslage. Über verfassungsrechtliche Bedenken hat man sich bewusst hinweggesetzt und erklärt, man wolle „Neuland“ betreten. Erschreckend ist, dass einige Juristen und sogar Richter versucht haben, durch verwinkelte Gedankengänge eine Verfassungsmäßigkeit zu konstruieren. Die Schuld an dem Scherbenhaufen gibt man jetzt denjenigen, die es gewagt haben, eine Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes beim Bundesverfassungsgericht zu beantragen. Letztlich ist es so, als habe man den Vermietern Geld gestohlen und an die Mieter verteilt. Der Verbrecher soll derjenige sein, der diesen Gesetzesverstoß aufgedeckt. Die Kosten haben nicht nur die Vermieter zu tragen, die das Gesetz erst umsetzen mussten und jetzt rückabwickeln müssen, sondern auch der Steuerzahler, da auf Ebene der Verwaltung ebenfalls viel Geld verschleudert wurde.

VRFG a.D. Hans-Joachim Beck
Rechtsberater Referat Steuern
Telefon: 0 30 / 27 57 26 0E-Mail: beck@ivd.net
Rückabwicklung
Da das Gesetz von Anfang an unwirksam ist, müssen die Wirkungen des Mietendeckels rückabgewickelt werden.
Soweit Sie die Miete zum 1. März 2020 auf die Stichtagsmiete zum 18.6.2019 abgesenkt haben und soweit Sie die Miete zum 1. Dezember 2020 auf die Kappungsgrenze abgesenkt haben, müsse die Mieter die Miete nachzahlen. Eine Frist gibt es dafür nicht. Die Mieter können jedoch ein Darlehen oder einen Zuschuss dafür beantragen. Informationen dazu können die Mieter unter der Adresse Mietendeckel.Berlin.de finden.
Wenn sie bei einer Wiedervermietung nach dem 23.2.2020 nicht nur die „Deckelmiete“, sondern auch die nach dem BGB zulässige Miete vereinbart haben, müssen die Mieter die Differenz nachzahlen. Wenn Sie ausschließlich die „Deckelmiete“ vereinbart haben, weil sie den Aussagen der Senatsverwaltung vertraut haben, haben Sie einen Anspruch auf Anpassung der Miethöhe gem. § 313 BGB.
Soweit Sie nach Inkrafttreten des Gesetzes von Ihren Mietern die Zustimmung zu einer Anhebung der Miete nah § 558 BGB verlangt und die Mieter zugestimmt haben, müssen die Mieter die Differenz nachzahlen. Haben Sie Klage auf Zustimmung erhoben, und ist über die Klage noch nicht entschieden, muss das Gericht darüber jetzt nach den Vorschriften des BGB entscheiden. Wurde Ihre Klage abgewiesen und ist das Urteil rechtskräftig geworden, bleibt es dabei. Sie müssen von dem Mieter die Zustimmung erneut verlangen. Ein erneutes Zustimmungsverlangen müssen Sie auch dann dem Mieter bekanntgeben, wenn er die Zustimmung verweigert hat und Sie nicht innerhalb von fünf Monaten Klage erhoben haben.
Wenn Mieter Probleme mit der Nachzahlung haben, können Sie einen Antrag auf finanzielle Unterstützung bei der Senatsverwaltung stellen: Adresse „mietendeckel.berlin.de“.
Absenkung der Miete zum 1. März 2020 auf die Stichtagsmiete vom 18.6.2019
Wer die Miete nach dem 18.6.2019 angehoben hatte, musste zum 1. März 2020 den Zahlbetrag der Miete auf die Stichtagsmiete herabsetzen. Denn gem. § 3 Abs. 1 war eine Miete „verboten“, die die am 18.6.2019 vereinbarte Miete überschreitet. Das Gesetz ist zwar erst zum 23. Februar 2020 in Kraft getreten, knüpfte aber an den zurückliegenden Stichtag an.
• Ab dem 1. Mai 2021 müssen die Mieter wieder die vertragsmäßige Miete zahlen.
• Außerdem müssen sie für die zurückliegenden Monate die Differenz zwischen der angehobenen und der von ihnen tatsächlich gezahlten Miete nachzahlen.
Diese Rechtsfolgen ergeben sich unmittelbar aus der Entscheidung des BVerfG, ohne dass es dazu einer Aufforderung des Vermieters bedarf. Da die Entscheidung keine Übergangsregelung enthält, ist die Nachzahlung gemäß § 271 Abs. 1 BGB mit der Wirksamkeit des Beschlusses, d.h. am 15.4.2021 fällig geworden.
Da nicht jedem Mieter diese Rechtslage klar ist, ist es sinnvoll, den Mieter anzuschreiben und ihm mitzuteilen, dass zum nächsten Fälligkeitszeitpunkt – wieder – die vertragliche Miete zu zahlen ist und er die Differenz zwischen den gezahlten Beträgen und der vereinbarten Miete nachzahlen muss. Für die Nachzahlung sollten Sie dem Mieter eine angemessene Frist einräumen, die m.E. zwei Wochen betragen kann.
Sie erleichtern dem Mieter die Erfüllung seiner Pflichten, wenn Sie ihm die Höhe der in Zukunft zu zahlenden Miete und des Nachzahlungsbetrages mitteilen. Allerdings könnte es sein, dass Ihr Hausverwalter von Ihnen ein zusätzliches Honorar für die Errechnung dieser Beträge und die Information der Mieter verlangt. Wollen Sie dies vermeiden, können Sie die Berechnung der Beträge dem Mieter überlassen und ihm mitteilen, dass er sich an die Hausverwaltung wenden mögen, wenn er die Beträge nicht selbst errechnen kann, dass die Hausverwaltung ihm aber dafür eine bestimmte Gebühr in Rechnung stellen wird. Über die Höhe der Gebühr, die die Hausverwaltung von dem Mieter verlangt, sollten sie sich mit der Hausverwaltung einigen.
Absenkung der Mietforderung zum 1. Dezember 2020 auf die Kappungsgrenze
Ähnlich ist die Situation, wenn Sie den Zahlbetrag der Miete zum 1.12.2020 gemäß § 5 Abs. 1 herabgesetzt haben. Nach dieser Vorschrift war eine Miete verboten, soweit sie die Mietobergrenze nach den §§ 6 und 7 Abs. 1 um mehr als 20 Prozent überschritten hat und nicht nach § 8 genehmigt war. Nach Artikel 4 Abs. 1 Satz 2 sollte die Regelung erst neun Monate nach Verkündung des Gesetzes und damit am 23. November 2020 in Kraft treten. Einige Vermieter sind der Auffassung der Senatsverwaltung gefolgt und haben den zu zahlenden Betrag bereits zum 23. November herabgesetzt und damit einen Erstattungsanspruch des Mieters über einen entsprechenden Teilbetrag der Novembermiete ausgelöst. Diesen haben sie in der Regel mit der Miete für Dezember verrechnet.
In diesem Fall gilt letztlich dasselbe, was oben zur Herabsetzung des Zahlbetrags auf den 1. März 2020 dargestellt wurde. Sie sollten den Mieter darauf hinweisen, dass ab dem 1. Mai 2021 wieder die vertraglich vereinbarte Miete (zuzüglich der Betriebskosten) zu zahlen ist und dass er die Differenz zwischen der vereinbarten Miete und den herabgesetzten Zahlbeträgen nachzahlen muss. Hierfür sollten Sie Ihrem Mieter m.E. eine Frist von zwei Wochen einräumen. Wenn Sie dem Mieter die Sache vereinfachen wollen, können sie ihm die ab Mai zu zahlende Miete und den Nachzahlungsbetrag benennen.
Herabsetzung der vertraglich vereinbarten Miete
Probleme ergeben sich, wenn Sie nicht lediglich den Zahlbetrag der Miete (die Forderung), sondern die vertraglich vereinbarte Miete herabgesetzt haben. Dies ist passiert, weil einige Vermieter sich durch den Wortlaut des Mietendeckels, dass eine übersteigende Miete verboten ist, haben täuschen lassen. Dies gilt insbesondere für die Herabsetzung gemäß § 5 zum 1.12.2020. Offenbar wollte man mit der Formulierung in den Ausführungsvorschriften, dass es sich bei dem in § 5 Abs. 1 enthaltenen Verbot um ein Verbot i.S. des § 134 BGB handele, den Eindruck erwecken, dass dadurch der bestehende Mietvertrag – rückwirkend – unwirksam werde, soweit die Miete die Kappungsgrenze übersteigt. Genau dies war wohl die Hoffnung der Verfechter des Mietendeckels, dass dieser trotz seiner Verfassungswidrigkeit faktische Wirkung entfalten werde, indem einige Vermieter sich täuschen lassen und die Verträge ändern statt nur den Zahlbetrag herabzusetzen.
In Betracht kommt jedoch eine Anpassung des Mietvertrags gemäß § 313 BGB, da die subjektive Geschäftsgrundlage der Vertragsparteien durch die Entscheidung des BVerfG entfallen ist. Denn wie der BGB mit Urteil vom 24. März 2010 (Az. VIII ZR 160/09) entschieden hat, stellt die Fehlvorstellung der Parteien des Mietvertrags über das Bestehen einer Mietpreisbindung die subjektive Geschäftsgrundlage dar. Die Notwendigkeit der Vertragsanpassung ergibt sich nach Ansicht des BGH aus dem Umstand, dass der Vermieter ohne eine Vertragsanpassung auch durch künftige Mieterhöhungen die ortsübliche Vergleichsmiete in absehbarer Zeit nicht erreichen kann.
Wiedervermietung
Beschränkung des Zahlbetrags
Die Miethöhe bei einer Wiedervermietung war in § 4 geregelt. Danach war die zulässige Miete durch die Stichtagsmiete zum 18.6.2019 und die Mietobergrenze nach § 6 und7 begrenzt. Nur der niedrigere dieser beiden Beträge war zulässig, soweit eine höhere Miete vereinbart wurde, war sie „verboten“. Welche Konsequenzen sich insoweit aus der Aufhebung des Gesetzes ergeben, hängt davon ab, welche Formulierung Sie als Vermieter gewählt haben. Viele Vermieter haben vertraglich nur die nach dem BGB zulässige Miete vereinbart und die Forderung dieser Miete auf den nach § 4 zulässigen Betrag begrenzt. In diesen Fällen ist die Rechtsfolge eindeutig und unproblematisch. Der Mieter muss ab dem kommenden Fälligkeitszeitpunkt die vertraglich vereinbarte (BGB-) Miete zahlen und für die vergangenen Monate ab Vertragsschluss die Differenz zwischen der vereinbarten Miete und dem Zahlbetrag nachzahlen. Die Nachzahlung ist mit Bekanntmachung der Entscheidung des BVerfG sofort fällig geworden.
Bedingte Vereinbarung der „BGB- Miete“
Einige Vermieter haben nicht nur den Zahlbetrag auf die nach § 4 zulässige Höhe begrenzt, sondern zwei verschiedene Miethöhen vereinbart. Die nach dem BGB zulässige Miete wurde unter einer Bedingung vereinbart und sollte an Stelle der nach § 4 vereinbarten „Deckelmiete“ gelten, wenn das BVerfG das Gesetz für unwirksam erklärt. In dieser Vorgehensweise fühlten sie sich durch den Beschluss der 3. Kammer des BVerfG bestärkt, in dem diese ausgeführt hatte, dass kein Bedürfnis für eine einstweilige Außerkraftsetzung des Gesetzes bestehe, weil die Vermieter sich vor den nachteiligen Folgen des Gesetzes schützen könnten, indem sie neben der nach § 4 des Gesetzes zulässigen Miete auch die nach dem BGB zulässige Miete vereinbaren und diese bei einer Aufhebung des Gesetzes vom Mieter nachfordern könnten (BVerfG , Beschluss vom 28.10.2020, 1 BvQ 15/20). Von den Vertretern der Mieterinteressen wurde die nach dem BGB vereinbarte Miete dennoch als sog. „Schattenmiete“ diskreditiert.
Aufgrund der Entscheidung des BVerfG ist die vereinbarte Bedingung in Kraft getreten, sodass anstelle der „Deckelmiete“ rückwirkend die „BGB-Miete“ gilt. Möglicherweise wird es in diesen Fällen trotzdem zu Streit kommen. Denn diejenigen Juristen, die versucht haben, durch rechtliche Kunstgriffe die Verfassungsmäßigkeit des Mietendeckels zu begründen, versuchen jetzt, auch die Wirksamkeit der bedingt vereinbarten „BGB-Miete“ anzuzweifeln. Sie berufen sich darauf, dass Mietverträge als Formularverträge der Inhaltskontrolle nach dem AGB-Recht unterliegen (§ 307 BGB) und dass das Mietpreisrecht des BGB eine bedingte Vereinbarung über die Miethöhe nicht vorsehe, das BGB aber jedenfalls durch die Regelungen über die Staffelmiete und die Indexmiete abschließende Regelungen über die Vereinbarung zukünftiger Mieterhöhungen getroffen habe. Dies überzeugt jedoch nicht, weil das BGB mit den Vorschriften über Staffelmieten und Indexmiete nur Regelungen über die Vereinbarung zukünftiger Mieterhöhungen enthält. Die Vereinbarung einer Rechtsbedingung ist damit nicht ausgeschlossen und widerspricht auch nicht den Wertungen des BGB, sodass sie auch in Formularverträgen zulässig ist. Zudem hat das BVerfG diese Möglichkeit gerade zur Grundlage seiner Entscheidung vom 28. Oktober 2020 gemacht.
Ausschließliche Vereinbarung der „Deckelmiete“
Wenn der Vermieter ausschließlich die nach § 4 zulässige Miete vereinbart hat, kommt eine Anpassung des Mietvertrags gemäß § 313 BGB in Betracht, da die subjektive Geschäftsgrundlage der Vertragsparteien durch die Entscheidung des BVerfG entfallen ist. Die Rechtslage entspricht derjenigen, die oben zur Absenkung der Miete zum 1.1.2.2020 dargestellt ist, wenn der Vermieter nicht nur den Zahlbetrag, sondern die vertraglich vereinbarte Miete abgesenkt hat. Denn wie der BGB mit Urteil vom 24. März 2010 (Az. VIII ZR 160/09) entschieden hat, stellt die Fehlvorstellung der Parteien des Mietvertrags über das Bestehen einer Mietpreisbindung die subjektive Geschäftsgrundlage dar. Die Notwendigkeit der Vertragsanpassung ergibt sich nach Ansicht des BGH aus dem Umstand, dass der Vermieter ohne eine Vertragsanpassung auch durch künftige Mieterhöhungen die ortsübliche Vergleichsmiete in absehbarer Zeit nicht erreichen kann.
Staffelmieten
Bei Staffelmieten tritt die vereinbarte Staffel kraft Gesetzes und ohne zusätzliche Erklärung des Vermieters in Kraft (§ 557 a Abs. 1 BGB). Soweit eine Staffel während der Dauer des Mietendeckels eingetreten ist, ist sie mit der Entscheidung des BVerfG rückwirkend in Kraft getreten. Die entsprechende Nachzahlung ist mit Bekanntmachung der Entscheidung des BVerfG fällig geworden. Empfehlenswert ist es, dies dem Mieter zur Klarstellung mitzuteilen.
Indexmiete
Bei Indexmieten tritt die Erhöhung der Miete nur ein, wenn sie vom Vermieter erklärt wird (§ 557 b Abs. 3 BGB). Haben Sie trotz des Mietendeckels die Erhöhung erklärt (und nur die Zahlung des Erhöhungsbetrages ausgesetzt), ist die Erhöhung durch die Entscheidung des BVerfG rückwirkend wirksam geworden. Die entsprechende Nachzahlung ist mit der Entscheidung des BVerfG fällig geworden. Haben Sie diese Erklärung unterlassen, wird die Erhöhung erst in dem Augenblick wirksam, in dem Sie die Erklärung nachholen.
Kündigung
Auch wenn viele Vermieter die Rückabwicklung des Gesetzes sozialverträglich umsetzen wollen, stellt sich die Frage, ob und unterwelchen Voraussetzungen Sie das Mietverhältnis jetzt kündigen können. Entscheidend ist, dass der Mieter mit der Bekanntmachung des Beschlusses des BVerfG am 15.4.2021 mit den Nachzahlungen sofort und ohne weitere Voraussetzungen in Verzug geraten ist. Durch die Rückwirkung der Entscheidung des BVerfG sind die nachzuzahlenden Mieten sofort fällig geworden, weil sich weder aus dem Gesetz noch aus der Entscheidung des BVerfG (§ 271 BGB). Eine Zahlungsfrist ergibt. Einer Mahnung bedarf es für den Verzug nicht, weil die Fälligkeiten nach dem Kalender bestimmt ist (§ 286 Abs. 2 BGB). Denn rückwirkend gilt die Regelung des § 556 b Abs. 1 BGB, nach der die Miete spätestens bis zum dritten Werktag des jeweiligen Monats fällig ist.
Allerdings wird auch die Ansicht vertreten, dass insofern die Vorschrift des § 569 Abs. 3 Nr. 3 BGB analog anzuwenden sei (Häublein, MüKo § 569 BGB Rn. 52). Nach dieser Vorschrift kann der Vermieter das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs nicht vor Ablauf einer Frist von 2 Monaten kündigen, wenn der Mieter zur Zahlung einer erhöhten Miete nach den §§ 558 – 560 BGB verurteilt worden ist. Wie die Gerichte diese Frage entscheiden werden, bleibt abzuwarten.
Fristlose Kündigung
Nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB kann der Vermieter das Mietverhältnis fristlos kündigen, wenn der Mieter
a) für zwei aufeinanderfolgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder
b) in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe einer Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.
Im Falle Buchstaben a) ist erforderlich, dass der Nachzahlungsbetrag die Miete für einen Monat übersteigt (§ 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB). In der Alternative b) ist dies nicht erforderlich, dafür muss der Nachzahlungsbetrag die Miete für zwei Monate erreichen. Diese Voraussetzungen dürften insbesondere bei modernisierten Altbauwohnungen in guten Lagen regelmäßig erfüllt sein.
Gemäß § 286 Abs. 4 BGB kommt der Mieter nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstandes unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat. Einen solchen Umstand dürfte der Mietendeckel darstellen, da dieses Gesetz trotz seiner Verfassungswidrigkeit bis zur Bekanntmachung der Entscheidung des BVerfG am 15.4.2021 in Kraft und zu beachten war. Dass durch die Entscheidung des BVerfG der Mietendeckel rückwirkend beseitigt wurde, führt m.E. nicht dazu, dass der Mieter – rückwirkend – die Kürzung der Mieten zu vertreten hat. Der Mieter ist daher erst durch die Bekanntmachung der Entscheidung des BVerfG in Verzug geraten, aber nicht rückwirkend, sondern nur ex tunc. Dass er möglicherweise erst später von der Entscheidung Kenntnis erlangt hat, schützt ihn nicht.
Der Verzug bezieht sich auch auf Zahlungen für zwei aufeinanderfolgende Termine, da der Mieter mit einem Teil der Miete für die Monate März 2020 bis April 2021 bzw. Dezember 2020 bis April 2021 in Verzug ist. Es handelt nicht etwa um eine Nachzahlung für nur einen Termin zum 15.4.2021, weil der Mietendeckel aufgehoben wurde und rückwirkend unwirksam ist. Dadurch leben die alten Zahlungstermine wieder auf.
Eine Zahlungsunfähigkeit hat der Mieter zu vertreten, auch wenn er das Geld für die Nachzahlung nicht zurückgelegt hat. Für seine finanzielle Leistungsfähigkeit muss er einstehen.
Die Kündigung ist gem. § 543 Abs. 2 Satz 2 BGB ausgeschlossen, wenn der Mieter die Nachzahlung vor Zugang der Kündigung leistet. Gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB wird die fristlose Kündigung unwirksam, wenn der Mieter die Nachzahlung bis zum Ablauf von zwei Monaten seit Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs leistet.
Ordentliche Kündigung
Eine ordentliche Kündigung des Vermieters ist nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB nur zulässig, wenn der Mieter seine vertraglichen Verpflichtungen schuldhaft verletzt hätte. Aus diesem Grund kann der Vermieter immer dann kündigen, wenn er zur fristlosen Kündigung nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB berechtigt wäre. In Ihrer Rechtsfolge unterscheidet sich die ordentliche von der fristlosen Kündigung insbesondere dadurch, dass die ordentliche Kündigung durch die nachträgliche Zahlung nicht unwirksam wird, § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB ist hier nicht anzuwenden. Daher sprechen viele Vermieter neben der fristlosen zugleich auch eine ordentliche Kündigung aus.
Einräumung einer Frist von zwei Wochen
Wenn Sie die Kündigung aussprechen, weil der Mieter seine Nachzahlungen nicht bereits am 15.April 2021 geleistet hat, ist allerdings zu erwarten, dass das Gericht dies als einen Verstoß von Treu und Glauben ansieht, weil es faktisch kaum möglich war, die Nachzahlungen bereits am Tag der Bekanntmachung der Entscheidung des BVerfG zu leisten. Das Gericht wird deshalb dem Mieter wahrscheinlich gem. Treu und Glauben eine Zahlungsfrist von zwei Wochen zubilligen (LG Berlin vom 1.9.2000-64 S 477 – zur Nachzahlung von Betriebskosten).
Wenn Sie dem Mieter bei Herabsetzung des Zahlbetrags bzw. im Fall der Wiedervermietung bei Abschluss des Mietvertrages zugesagt haben, dass Sie ihn nach der Entscheidung des BVerfG zur Zahlung auffordern werden und ihm dafür möglicherweise bereits die Einräumung einer Frist zugesagt haben, tritt Verzug erst ein, wenn der Mieter die Nachzahlung nicht innerhalb der von ihnen eingeräumten Frist leistet. Eine Kündigung ist in diesen Fällen also erst möglich, wenn Sie den Mieter zur Überweisung des Nachzahlungsbetrages aufgefordert haben und er die von Ihnen gesetzte Frist nicht einhält. Eine Mahnung ist auch in diesem Fall nicht erforderlich. Dass er sich die ersparte Miete für die Nachzahlung nicht zurückgelegt hat, ist unerheblich. Um solche Kündigungen zu verhindern, verhindern, will der Senat von Berlin einen sog. Notfallfonds schaffen, der den Mietern die Finanzierung der Nachzahlung ermöglicht.
Mieterhöhung nach § 558 BGB
Wenn Sie von Ihrem Mieter die Zustimmung zu einer Mieterhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete nach § 558 BGB verlangt und Klage vor dem Amtsgerichte erhoben haben, muss das Gericht darüber nun nach den Vorschriften des BGB entscheiden. Wenn Sie keine Klage erhoben haben und die Frist von 5 Monaten ab Zugang des Zustimmungsverlangens (§ 558 b Abs. 2 BGB) verstrichen ist, müssen Sie die Zustimmung erneut verlangen.
Verwaltungsakte, Bußgeldbescheide
Sämtliche Verwaltungsakte, die aufgrund des Mietendeckels ergangen sind, müssen unbedingt mit dem Widerspruch angefochten werden. Dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt von der Senatsverwaltung erlassen worden ist. (§ 10 Abs. 1). Denn durch die Aufhebung des Gesetzes werden die erlassenen Verwaltungsakte nicht automatisch unwirksam. Bescheide, die bestandskräftig geworden sind, behalten gemäß 79 BVerfGG trotz der Aufhebung des Mietendeckels ihre Wirksamkeit. Wenn sie Widerspruch eingelegt oder Klage erhoben haben oder wenn die Widerspruchsfrist noch läuft, kann jedoch erwartet werden, dass die Verwaltung sämtlich Bescheide, die aufgrund des Mietendeckels ergangen sind, unverzüglich aufhebt. Eine Vollstreckung aus derartigen Verwaltungsakten ist jedoch nicht mehr möglich.
Schadenersatzanspruch gegen das Land Berlin
Sie werden sich sicher fragen, ob das Land Berlin für den Schaden aufkommen muss, den es durch den Mietendeckel angerichtet hat und Ihnen beispielsweise die entstandenen Verwaltungskosten, Anwaltskosten etc. ersetzen muss. Ein solcher Anspruch besteht jedoch nicht. Zwar besteht eine Amtspflicht, keine rechtswidrigen Gesetze, zu erlassen, doch hat diese Amtspflicht keinen „drittschützenden“ Charakter, sondern besteht lediglich gegenüber der Allgemeinheit.
Bundesrechtliche Mietendeckel
Die für das Chaos in Berlin Verantwortlichen haben das Urteil nicht etwa zum Anlass genommen, sich zu entschuldigen, sondern sind zum Angriff übergegangen und haben einen bundesgesetzlich geregelten Mietendeckel gefordert. Eine Verpflichtung die vereinbarte Miete abzusenken, wird es bundesgesetzlich wohl nicht geben, das sowohl Mieter als auch Vermieter auf den Bestand eines rechtmäßig abgeschlossenen Mietvertrages vertrauen dürfen. Unzulässig ist es wäre es auch, die ortsübliche Vergleichsmiete durch eine gesetzlich festgesetzte „angemessene“ Miete als Mietobergrenze zu ersetzen. Denn nach der Rechtsprechung des BVerfG zur Mietpreisbremse muss der Vermieter die Möglichkeit haben, an der Entwicklung des Mietmarktes teilzuhaben. Schaut man sich die Wahlprogramme der Parteien an, so ist allerdings mit einer weiteren Verschärfung des Mietrechts zu rechnen, insbesondere mit einer weiteren Begrenzung der Mieterhöhungen nach den §§ 558 und 559 BGB. Aus Zeitgründen dürfte dies aber erst in der nächsten Legislaturperiode passieren. Damit die Vermieter sich diesen Eingriffen nicht entziehen können, wird die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen erschwert.