MIETVERWALTUNG + WEG-VERWALTUNG: FRAGEN ZUR BEGRÜNDUNG VON SONDEREIGENTUM

Die wichtigsten Fragen zur Begründung von Sondereigentum an Freiflächen und Stellplätzen

Autor/in: Rechtsanwalt Dr. Marco Tyarks

Quelle:AIZ 9/2021

Folge 5 unserer Serie zur WEG-Reform befasst sich mit der durch die Novellierung geschaffenen Möglichkeit der Wohnungseigentümer, Sondereigentum auch an Freiflächen und Stellplätzen begründen zu können. Bislang stand das Grundstück, auf dem sich das aufgeteilte Gebäude befindet, zwingend im gemeinschaftlichen Eigentum. Die Wohnungseigentümer konnten Sondereigentum nur an abgeschlossenen Räumen begründen. Lediglich für Garagenstellplätze innerhalb des Gebäudes galt bereits vor der WEG-Reform eine Ausnahme. Garagenstellplätze galten als abgeschlossene Räume, wenn ihre Flächen durch dauerhafte Markierungen ersichtlich waren. Eine Vielzahl von Stellplatzflächen waren von dieser Regelung jedoch nicht erfasst, beispielsweise Stellplätze auf Freiflächen.

Tatsächlich bestand aber seit jeher ein großes praktisches Bedürfnis, auch bestimmte Flächen auf dem Grundstück der Wohnungseigentumsanlage, die keine abgeschlossenen Räume sind, einem Wohnungseigentümer exklusiv zuzuordnen, wie zum Beispiel Gärten, Terrassen und Stellplätze jeglicher Art. Die Rechtspraxis behalf sich daher mit der Einräumung sogenannter Sondernutzungsrechte, bei denen die Wohnungseigentümer vereinbaren, dass einem Eigentümer ein alleiniges Gebrauchs- und Nutzungsrecht an Flächen des gemeinschaftlichen Eigentums eingeräumt und zugleich der Mitgebrauch der anderen Wohnungseigentümer an diesen Flächen ausgeschlossen wird. Dass es sich bei einem Sondernutzungsrecht nicht um ein gleichwertiges Äquivalent zum Sondereigentum handelt, ist den meisten Eigentümern wahrlich nicht bewusst. Denn auch wenn dem jeweiligen Eigentümer ein Sondernutzungsrecht beispielsweise an einem Garten, einer Terrasse und einem Stellplatz eingeräumt wird, bleibt diese Fläche gemeinschaftliches Eigentum aller Wohnungseigentümer.

Der Gesetzgeber hat daher auf Vorschlag der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Reform des Wohnungseigentumsgesetzes die entsprechenden Regelungen im Gesetz reformiert. Nunmehr kann nach § 3 Abs. 2 WEG Sondereigentum grundsätzlich auch auf einen außerhalb des Gebäudes liegenden Teil des Grundstücks erstreckt werden. Ferner gelten Stellplätze jeglicher Art nach § 3 Abs. 1 S. 2 WEG als Räume. Stellplätze und außerhalb des Gebäudes liegende Freiflächen müssen nicht in sich abgeschlossen sein. Es ist ausreichend, dass diese durch Maßangabe im Aufteilungsplan bestimmt sind (§ 3 Abs. 3 WEG).

Wandeln sich bestehende Sondernutzungsrechte nun automatisch in Sondereigentum um?

Sondernutzungsrechte beispielsweise an Gartenflächen, Terrassen oder Stellplatzflächen bleiben auch nach der WEG-Reform als solche bestehen. Diese wandeln sich also nicht automatisch in Sondereigentum um. Eine Umwandlung bestehender Sondernutzungsrechte in Sondereigentum erfordert vielmehr eine notariell beurkundete Auflassung, die Eintragung im Grundbuch, die Bewilligung aller Wohnungseigentümer und sämtlicher Drittberechtigten (insbesondere der Grundpfandrechtsgläubiger) sowie einen ergänzenden Aufteilungsplan samt „Abgeschlossenheitsbescheinigung“.

Der Gesetzgeber hat an dem Institut der Sondernutzungsrechte festgehalten. Es steht den Wohnungseigentümern also künftig insbesondere im Rahmen der Aufteilung frei, Gartenflächen, Terrassen oder Stellplatzflächen mit Sondernutzungsrechten zu unterlegen oder diese als echtes Sondereigentum auszugestalten. Die Gestaltungsmöglichkeiten bestehen also künftig nebeneinander.

Ob insbesondere ein teilender Bauträger in Zukunft von der Option der Begründung von Sondereigentum an Freiflächen und Stellplätzen Gebrauch machen wird, bleibt abzuwarten, da dies die Flexibilität des Bauträgers, die ihm Sondernutzungsrechte bieten, einschränken kann.

Können die Wohnungseigentümer nun an jeglichen Grundstücksflächen Sondereigentum erwerben?

Es ist keinesfalls so, dass die Wohnungseigentümer nach der WEG-Reform nun an jeglichen Grundstücksflächen Sondereigentum erwerben können.

Die außerhalb des Gebäudes liegende Teile des Grundstücks können zunächst nicht alleiniger Gegenstand des Sondereigentums sein. Eine Ausnahme gilt lediglich für Stellplätze auf Freiflächen. Erforderlich ist im Übrigen stets, dass das Sondereigentum an einer Wohnung oder an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen oder zumindest an einem Stellplatz erworben wird. Dieses Sondereigentum kann sich dann lediglich auch auf eine Grundstücksfläche erstrecken, zum Beispiel auf eine Terrasse, die von der Wohnung im Erdgeschoss erreichbar ist, oder auf einen Garten vor dem Einfamilienhaus einer WEG-Reihenhausanlage oder auf eine kleine Rasenfläche um einen Stellplatz. Es handelt sich hierbei also lediglich um so genanntes Annexeigentum.

Schließlich erfordert die Erstreckung des Sondereigentums auf Grundstücksflächen, dass die Wohnung oder die nicht zu Wohnzwecken dienenden Räume wirtschaftlich die Hauptsache bleiben. Die Erstreckung des Sondereigentums auf Terrassen und angemessene Gartenflächen, die der Gesetzgeber vornehmlich bei der Änderung der gesetzlichen Regelungen im Blick hatte, erfüllen in der Regel diese Voraussetzung. Nicht möglich ist es hingegen beispielsweise, das Sondereigentum an einer Wohnung auf die gesamte Grundstücksfläche der Wohnungseigentumsgemeinschaft zu erstrecken.

Ist eine isolierte Veräußerung einer Grundstücksfläche möglich, an der sich das Sondereigentum erstreckt?

So wie ein ausschließlicher Erwerb einer Grundstücksfläche nicht möglich ist, an der sich das Sondereigentum erstreckt, kann diese auch nicht ohne das Sondereigentum an der Wohnung oder an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen oder zumindest an einem Stellplatz veräußert werden. Die Grundstücksfläche ist also nicht isoliert verkehrsfähig, sondern jeweils nur gemeinsam mit der Wohnung oder einem Stellplatz.

Darf der Wohnungseigentümer mit der Grundstücksfläche, auf die sich sein Sondereigentum erstreckt, nach Belieben verfahren und diese auch bebauen?

Jeder Wohnungseigentümer kann grundsätzlich mit seinem Sondereigentum nach Belieben verfahren. Dies gilt aber — wie bei dem Sondereigentum an einer Wohnung — nicht uneingeschränkt. Er kann beispielsweise in bestimmten Fällen verpflichtet sein, das Betreten der Grundstücksfläche und andere Einwirkungen auf diese zu dulden. Auch kann der Wohnungseigentümer die Grundstücksflächen nicht stets nach Belieben bebauen, zum Beispiel mit einem Swimmingpool und oder einem Gartenhaus. Für eine bauliche Veränderung auf dieser Grundstücksfläche kann ein Beschluss der Wohnungseigentümer erforderlich sein, wenn anderen Wohnungseigentümern hierdurch ein über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst.

Wem gehört beispielsweise ein Gartenhaus, dass der Wohnungseigentümer auf der Grundstücksfläche, auf die sich sein Sondereigentum erstreckt, errichtet?

Errichtet der Wohnungseigentümer in seinem Garten, auf die sich sein Sondereigentum erstreckt, ein Gebäude, zum Beispiel ein Gartenhaus, so fällt dieses Gebäude vollständig in sein Eigentum. Dies gilt für sämtliche Bestandteile dieses Gebäudes, also auch für diejenigen Teile, die für den Bestand und die Sicherheit des Gebäudes notwendig sind, wie Dach, Mauerwerk und so weiter. Keines der Bestandteile des auf der Grundstücksfläche errichteten Gebäudes steht dann im gemeinschaftlichen Eigentum.

Können die Wohnungseigentümer nun an Stellplätzen jeglicher Art Sondereigentum begründen

An Stellplätzen kann nun ohne Einschränkung Sondereigentum begründet werden, unabhängig davon, ob sich diese im Freien, in Tiefgaragen, in Parkhäusern oder auf einem Dach befinden. Ebenso kann nunmehr Sondereigentum an einzelnen Stellplatzflächen eines Doppel- oder Mehrfachparkers.begründet werden.

Wie unterscheidet sich das Sondereigentum an einem Stellplatz von der Erstreckung des Sondereigentums auf eine Grundstücksfläche?

Das Sondereigentum an einem Stellplatz ist anders als die bloße Erstreckung des Sondereigentums auf Grundstücksflächen beispielsweise bei Gartenflächen oder Terrassen (Annexeigentum) selbstständig verkehrsfähig und kann daher auch isoliert erworben und veräußert werden. Wird Sondereigentum allein mit einem Stellplatz verbunden, entsteht ein selbständiges Teileigentum. Dieses Sondereigentum kann sich wiederum auf weitere Grundstücksflächen erstrecken (zum Beispiel auf einen kleinen Grünbereich um den Stellplatz auf einer Freifläche herum).

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