MIETVERWALTUNG + WEG-VERWALTUNG: RECHTSBEZIEHUNGEN IN DER WEG

Autor/in: Prof. Dr. Arnold Lehmann-Richter

Quelle:AIZ 4/2021

Die neue Struktur der Rechtsbeziehungen in der Gemeinschaft

Das am 1. Dezember 2020 in Kraft getretene Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) hat das Wohnungseigentumsrecht grundlegend reformiert. Zwischen einer Vielzahl von Einzeländerungen ragt das neue Organisationssystem heraus: Die Rechtsbeziehungen in der Gemeinschaft wurden grundlegend neu geordnet. Sie verlaufen jetzt grundsätzlich über die Wohnungseigentümergemeinschaft, die auf diese Weise zur rechtlichen Schaltzentrale wird. Dieses neue System ist keineswegs nur von theoretischer Bedeutung, sondern auch und gerade für die Verwaltungspraxis wegweisend.

Vor der WEG-Reform 2020 bestand ein systematisches Wirrwarr, weil die Rechtsbeziehungen kreuz und quer zwischen den rechtsfähigen Personen innerhalb der Gemeinschaft verliefen: Die rechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft war sowohl mit dem Verwalter alsauch mit den Wohnungseigentümern, diese wiederum sowohl untereinander als auch mit dem Verwalter, rechtlich verbunden (s. Grafik 1). Dies führte zu Rechtsunsicherheit, weil bei vielen Ansprüchen nicht klar war, gegen wen sie sich richteten. Paradigmatisch war der Anspruch der Wohnungseigentümer auf Verwaltung: So nahm etwa der BGH 2015 noch eine Pflicht der Wohnungseigentümergemeinschaft zur Beschlussausführung an, um einige Jahres später dann zu urteilen, dass es sich dabei um eine persönliche Pflicht des Verwalters gegenüber den Wohnungseigentümern handelte. Die systematische Unklarheit soll Grafik 1 verdeutlichen, wobei die einzelnen Linien jeweils Rechtsbeziehungen bedeuten.

Das neue System auf einen Blick

Im neuen Organisationssystem steht die Wohnungseigentümergemeinschaft im Mittelpunkt (s. Grafik 2, S. 44). Zentrale Gesetzesvorschrift ist § 18 Abs. 1 WEG. Danach ist obliegt ihr die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Folgerichtig verlaufen die sich auf diese Verwaltung beziehenden Ansprüche über die Wohnungseigentümergemeinschaft. Ansprüche zwischen den Wohnungseigentümern bestehen nur noch, soweit es um die Abwehr der persönlichen Sphäre des Sondereigentums geht. Zwischen Wohnungseigentümern und dem Verwalter bestehen überhaupt keine wohnungseigentumsrechtlichen Beziehungen mehr. Die klare Struktur des neuen Systems soll Grafik auf der folgenden Seite veranschaulichen.

Details zum neuen System

Die Neuordnung der Rechtsbeziehungen hat mannigfaltige praktische Auswirkungen. Von besonderer Bedeutung sind:

Die Wohnungseigentümer haben gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft die Pflicht, das Binnenrecht der Gemeinschaft, also die gesetzlichen Regelungen, Vereinbarungen und Beschlüsse, einzuhalten (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG). Dazu kommt die Pflicht, die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zu finanzieren (vgl. § 16 Abs. 2 WEG). Außerdem sind die Wohnungseigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber verpflichtet, Beschlüsse zur ordnungsmäßigen Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zu fassen (§ 19 Abs. 19 Abs. 1 WEG).

Umgekehrt ist die Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber den Wohnungseigentümern verpflichtet, das gemeinschaftliche Eigentum ordnungsmäßig zu verwalten und für ein binnenrechtskonformen Gebrauchsverhalten in der Gemeinschaft zu sorgen (§ 18 Abs. 2 WEG). Besonders geregelt ist der Anspruch jedes Wohnungseigentümers auf Einsicht in die Verwaltungsunterlagen und Vorlage eines Vermögensberichts (§ 18 Abs. 4, § 28 Abs. 4 WEG) sowie die gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft zu richtenden Beschlussklagen(§ 44 WEG). Für bauliche Veränderungen sind zudem besondere Ansprüche der Wohnungseigentümer vorgesehen (§ 13 Abs. 2, § 20 Abs. 2 und 3 WEG). Diese Ansprüche der Wohnungseigentümer sind entweder durch einen Beschluss der Wohnungseigentümer oder ein Tätigwerden des Verwalters zu erfüllen. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Schuldner der Ansprüche stets und allein die Wohnungseigentümergemeinschaft ist. Denn die Wohnungseigentümerversammlung und der Verwalter werden nur als dessen Organe tätig.

Folgerichtig ist der Verwalter, aber auch ein etwaiger Verwaltungsbeirat, allein gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft verpflichtet, die ihm obliegenden Verwaltungsmaßnahmen auszuführen.

Die Wohnungseigentümer können untereinander nur noch das Unterlassen von binnenrechtswidriger Störungen des eigenen Sondereigentums verlangen (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG), also etwa den Nachbarn bei unzulässigen Lärmbelästigungen direkt verklagen.

Auswirkungen für die Praxis

Seit dem 1.12.2020 ist Ansprechpartnerin für nahezu allen Streitigkeiten die Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese ist insbesondere dazu berufen, sich bei Störungen des gemeinschaftlichenEigentums — etwa einem Falschparken auf Gemeinschaftsflächen oder rechtswidrigen Baumaßnahmen am gemeinschaftlichen Eigentum — einzuschalten. Für den Verwalter bedeutet dies einen Zuwachs an Managementaufgaben: Er ist jetzt nicht mehr nur allein für die Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums verantwortlich, sondern hat dieses umfassend zu betreuen.

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