Autor/in: Rechtsanwältin Karen Wolbers
Quelle:AIZ 6/2021
Autor/in: Rechtsanwältin Karen Wolbers
Quelle:AIZ 6/2021
… der Schlüssel im Teich gelandet ist?
Wenn ein Mieter einen oder gleich mehrere Wohnungsschlüssel verliert, kann das sehr teuer werden. Dies insbesondere dann, wenn die Schließanlage eines Mehrfamilienhauses ausgetauscht werden muss. Für den Verwalter stellt sich dann die Frage, wer für die Kosten aufkommt, ob er die gesamte Schließanlage austauschen darf und ob zumindest für die Zukunft besondere Regelungen im Mietvertrag getroffen werden müssen, die das Problem lösen oder zumindest erleichtern können. Der Artikel beschäftigt sich daher mit den Rechtsfolgen eines Schlüsselverlustes und den dafür maßgeblichen Gerichtsentscheidungen.
Der Mieter erhält zu Beginn des Mietverhältnisses eine bestimmte Anzahl von Schlüsseln, deren Art und Anzahl im Mietvertrag selber oder in einem Übergabeprotokoll dokumentiert sein sollten. Die spätere Rückgabepflicht der Mietsache bei Beendigung des Mietverhältnisses umfasst dann die Herausgabe sämtlicher Schlüssel. Dazu zählen auch solche Schlüssel, die der Mieter möglicherweise während der Dauer des Mietverhältnisses zusätzlich hat nachmachen lassen. Den Mieter trifft für die Schlüssel eine sogenannte Obhutspflicht. Er muss auf die ausgehändigten Schlüssel aufpassen und mögliche Schäden vermeiden. Sind dem Mieter ein oder mehrere Schlüssel abhandengekommen, ist er verpflichtet, dem Vermieter oder der Hausverwaltung den Verlust anzuzeigen. Er darf keine Schlüssel eigenmächtig nachmachen lassen. Die Entscheidung, ob es ausreicht lediglich einen Schlüssel nachmachen zu lassen oder in einem Mehrfamilienhaus aus Sicherheitsoder Haftungsgründen die komplette Schließanlage auszutauschen, liegt beim Vermieter.
Der Mieter einer Wohnung in einem Mehrparteienhaus hatte alle vier Schlüssel verloren. Der Schlüssel war nicht mit einer Adresse des Hauses versehen. Es konnten damit auch nur die Hauseingangs- und Wohnungstür des Mieters geöffnet werden. Ein Zugang zu den anderen Wohnungen oder der Tiefgarage waren nicht möglich. Der Vermieter wechselte daraufhin die drei Jahre alte Schließanlage komplett aus und verlangte die Kostenerstattung in Höhe von 1.977 Euro von dem Mieter. Bei der Schließanlage handelte es sich um eine sogenannte erweiterbare Schließanlage, bei der ein Wohnungsschloss durch ein anderes zur Schließanlage passendes Schloss ausgetauscht werden kann. Das Landgericht München entschied, dass der Mieter nur die Kosten für das Schloss des Hauseinganges und der Wohnungstür zu tragen, im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Da es sich um eine erweiterbare Schließanlage handelte, reiche es aus, nur diese Schlösser zu ersetzen. Das Landgericht bejaht dem Grunde nach einen Schadensersatzanspruch des Vermieters gegen den Mieter wegen eines zumindest fahrlässigen Schlüsselverlustes als Pflichtverletzung aus dem Mietvertrag.
Den Vermieter treffe aber ein erhebliches Mitverschulden. Dieser hätte im Mietvertrag im Rahmen der Verpflichtung zur gegenseitigen Rücksichtnahme auf das Vorhandensein einer Schließanlage und die bei Schlüsselverlust entstehenden hohen Kosten hinweisen müssen. Der Mieter hätte dann die Möglichkeit gehabt, das Risiko mit einer Schlüsselversicherung abzusichern. Den Vermieter treffe außerdem die Hinweispflicht, dass die vorhandene Schließanlage nicht erweiterbar sei. Verletzte er diese Pflicht, müsse er im Schadensfall die Kosten tragen, die darauf zurückzuführen seien, dass er keine erweiterbare Schließanlage gewählt habe. Bei nicht erweiterbaren Anlagen könne zudem alternativ zum Austausch der gesamten Schließanlage im Rahmen der Schadensminderungspflicht auch nur ein separates Wohnungstürschloss eingebaut werden, so dass der Mieter dann mit zwei verschiedenen Schlüsseln umgehen müsse.
Der BGH hatte bereits mit Urteil vom 05.03.2014-VIII ZR 205/13 entschieden, dass ein Schadensersatzanspruch für den Vermieter nur dann in Betracht kommt, wenn bei ihm tatsächlich Kosten für den Austausch einer Schließanlage oder eines Wohnungstürschlosses angefallen sind. In dem vom BGH zu entscheidenden Sachverhalt war die Schließanlage nicht ausgetauscht worden und der Schaden nur aufgrund eines Kostenvoranschlages geltend gemacht worden. Der bloße Verlust eines Schlüssels alleine würde die Sachsubstanz der Wohnanlage nicht beeinträchtigen und deswegen noch keinen erstattungsfähigen Vermögensschaden darstellen. Der Vermieter müsse für den Austausch der gesamten Schließanlage außerdem ein konkretes dauerhaftes Gefährdungspotenzial, das heißt, die Möglichkeit eines Missbrauchs durch Dritte darlegen.
Das Landgericht Freiburg (Urteil vom 23.4. 2013 Az. 9 S 154 / 12)bestätigte eine Schadensersatzverpflichtung des Mieters auch dann, wenn einen Dritten die Schuld am Verlust des Schlüssels trifft. Dort hatte ein von dem Mieter beauftragter Reinigungsdienst den Schlüssel verloren; auch hier wurde die Schließanlage nicht ausgetauscht. Das Landgericht bejahte zwar die Verantwortung für den Verlust des Schlüssels für den Mieter. Eine fiktive Schadensberechnung wurde allerdings auch hier abgelehnt. Allein die gesteigerte Einbruchsgefahr führe nicht zu einem kommerzialisierbaren Schaden hinsichtlich der Schließanlage.
Ruft der Mieter bei dem Verlust eines Schlüssels den Schlüsseldienst, muss er in der Regel für die Kosten selber aufkommen, weil er die Kosten selbst verursacht hat. Auch wenn der Schlüssel im Schloss abbricht, zahlt der Mieter in der Regel die Kosten des Schlüsseldienstes. Etwas anderes würde nur gelten, wenn der Vermieter zuvor ein kaputtes Schloss nicht repariert hat und der Schlüssel nur deswegen abbricht. Der Vermieter ist verpflichtet, den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache herzustellen und zu erhalten. Dazu gehört auch die Aufrechterhaltung der Funktion des Türschlosses.
Die Gerichte haben bislang nicht geklärt, wann von einer konkreten Missbrauchsgefahr auszugehen ist. Reicht es aus, wenn der Mieter beweisen kann, dass die Schlüssel unerreichbar an einem entlegenen Ort, im Wasser oder im Urlaub verschwunden sind, sodass ein Dritter diese nicht mehr wird finden kann oder eine Zuordnung zu der konkreten Wohnanlage nicht mehr möglich ist? Dem Vermieter oder Hausverwalter ist zu empfehlen, im Mietvertrag oder im Übergabeprotokoll auf das Vorhandensein einer Schließanlage und die hohen Kosten bei einem Schlüsselverlust hinzuweisen. Anderenfalls wird er aller Voraussicht nach auf die Kosten für ein einzelnes Zylinderschloss oder die bloßen Ersatzschlüssel beschränkt.
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