Wird eine Wohnung abgerissen und durch einen Neubau ersetzt, kann die Sonderabschreibung nach § 7 b Abs. 2 EStG nicht in Anspruch genommen werden, weil keine zusätzliche Wohnung entsteht.
Leitsätze
Eine „neue, bisher nicht vorhandene“ Wohnung im Sinne von § 7b Abs. 2 Nr. 1 des EStG in der Fassung des Streitjahres (2020) liegt nicht vor, wenn die durch eine Baumaßnahme geschaffene Wohnung zwar „neu“ im sprachlichen Sinne ist, hierdurch aber der zuvor vorhandene Bestand an Wohnungen auf dem Grundstück nicht vermehrt wurde.
BFH, Urteil vom 12. August 2025, IX R 24/24
Der Fall
Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstücks, das mit einem Einfamilienhaus bebaut war. Ende des Jahres 2018 fasste er den Entschluss, das sanierungsbedürftige, aber bewohnte Einfamilienhaus aus Wirtschaftlichkeitsgründen abzureißen. Nach der Kündigung des Mietverhältnisses ließ er das Einfamilienhaus abreißen und errichtete im Juni 2020 ein neues Einfamilienhaus.
Als Werbungskosten machte er neben der sog. Normal-AfA auch die Sonderabschreibung nach § 7 b EStG geltend. Die Berücksichtigung der Sonder-AfA lehnte das Finanzamt ab. Die hiergegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab, da es sich um einen Ersatzbau handele und keine zusätzliche Wohnung geschaffen worden sei.
Die Entscheidung des BFH
Der BFH hat die Entscheidung des FG bestätigt und die Revision des Klägers mit folgender Begründung zurückgewiesen:
Nach § 7 b Abs. 2 Nr. 1 EStG kann die Sonderabschreibung nur in Anspruch genommen werden, wenn neue, bisher nicht vorhandene, Wohnungen hergestellt werden. Die Auslegung der Norm gebietet es, eine „neue, bisher nicht vorhandene“ Wohnung im Sinne von § 7b Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 1 EStG nur anzunehmen, wenn durch die Baumaßnahme im Vergleich zum vorherigen Zustand ein zusätzlicher, das heißt vermehrter Wohnungsbestand geschaffen wurde. Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der Vorschrift. Denn bei sprachlicher Beurteilung ist jede Wohnung, die vor der Baumaßnahme als solche noch nicht existierte, eine „neue, bisher nicht vorhandene“ Wohnung. Jedoch ist es mit dem Zweck der Norm, den Bestand an Wohnungen zu vermehren, nicht vereinbar, die steuerliche Förderung auch dann zu gewähren, wenn die geschaffene Wohnung zwar „neu“ im sprachlichen Sinne ist, die Baumaßnahme aber den auf dem Grundstück zuvor vorhandenen Wohnungsbestand nicht vermehrt hat.
Ausnahmsweise kann der einem Abriss einer Wohnung nachfolgende Neubau dann eine Begünstigung nach § 7 b EStG auslösen, wenn beide Maßnahmen nicht in einem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zueinanderstehen. Voraussetzung hierfür ist, dass Abriss und Neubau nicht mehr als von einem Gesamtplan des Steuerpflichtigen getragene Einheit wirken. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich maßgeblich nach den subjektiven Vorstellungen des Steuerpflichtigen unter Berücksichtigung der zeitlichen Abfolge der Planungen und Baumaßnahmen.
Ob und ‑‑falls ja‑‑ in welchem Umfang eine Begünstigung nach § 7b EStG in Betracht zu ziehen wäre, wenn ein ersetzender Neubau zu einer Vermehrung des Wohnungsbestands führt (zum Beispiel bei der Ersetzung eines Ein- oder Zweifamilienhauses durch ein Mehrfamilienhaus), muss der Senat muss nicht entscheiden.
Anmerkung
Üblicherweise knüpfen Abschreibungsvergünstigungen für Gebäude daran, dass ein neues Gebäude errichtet wird. Hiervon abweichend verlangt § 7 b Abs. 2 Nr. 1 EStG lediglich, dass eine neue Wohnung hergestellt wird, – die bisher noch nicht vorhanden war -. Entsprechend dem Sinn und Zweck der Vorschrift greift die Sonderabschreibung deswegen nicht ein, wenn zwar ein neues Gebäude entsteht, aber keine zusätzliche Wohnung, weil lediglich die alte Wohnung durch eine neue ersetzt worden ist.
Dadurch entstehen allerdings neue offene Fragen:
Ob die Sonderabschreibung nach § 7 b EStG in Anspruch genommen werden kann, wenn durch den Ersatzbau mehr Wohnungen entstehen als abgerissen wurden, etwa weil ein Einfamilienhaus abgerissen und durch ein Zweifamilienhaus oder ein Mehrfamilienhaus ersetzt wurde, hat der BFH offengelassen. Auch das BMF-Schreiben vom 21. Mai 2025 enthält hierzu keine Aussage und behandelt in der Rz. 29 lediglich den Spezialfall der Teilung einer Wohnung.
Auch wenn durch Teilung einer Wohnung mehrere Wohnungen entstehen, werden dadurch neue Wohnungen i.S. des § 7 b EStG geschaffen. Dass dadurch kein neues Gebäude entsteht, ist für die Sonderabschreibung nach § 7 b EStG unschädlich. Allerdings fällt dadurch die aufgeteilte Wohnung weg. Insofern bestimmt das BMF-Schreiben in seiner Rz. 29 folgendes: „Gehören die Räume, in denen sich vor der Teilung Bad und Küche der alten Wohnung befunden haben, nach der Teilung nur zu einer der neu entstandenen Wohnungen, so sprechen objektive Kriterien dafür, dass diese Wohnung nicht neu i.S. des § 7 b EStG ist, sondern an die Stelle der alten Wohnung getreten ist. Demnach muss es möglich sein, bei einer Aufteilung für sämtliche „neuen“ Wohnungen die Sonderabschreibung in Anspruch zu nehmen, wenn man Bad und Küche der „alten“ Wohnung nicht – nur – einer der neuen Wohnungen zuordnet.
Nicht erforderlich ist, dass der Umbau mit wesentlichem Bauaufwand erfolgt. Denn die Vorschrift verlangt nicht, dass ein neues Gebäude hergestellt wird. Damit wird aber die grundsätzliche Frage, welche Auswirkung der Wegfall der alten Wohnung in Fällen des Ersatzneubaus mit zusätzlichen Wohnungen hat, nicht beantwortet. Denn in diesen Fällen werden Bad und Küche der alten Wohnung nicht einer der neuen Wohnungen zugeordnet, sondern entfallen völlig.
Unschädlich ist der Abriss, wenn die alte Wohnung nicht mehr als Wohnung nutzbar war. In diesem Fall ist auch eine Modernisierung nach § 7 b EStG begünstigt.
Eine neue Wohnung entsteht auch, wenn Gewerberäume zu einer Wohnung umgebaut werden oder ein unausgebauter Dachboden zu einer Wohnung ausgebaut wird. Nicht erforderlich ist, dass die neue Wohnung ertragsteuerlich ein selbständiges Wirtschaftsgut darstellt (Rz 28). Es ist auch nicht erforderlich, dass der Umbau mit wesentlichem Bauaufwand durchgeführt wird oder dass es sich um einen bautechnischen Neubau handelt.
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