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Im Dialog mit Otto Fricke MdB

Für eine Politik, die rechnen kann, ist Otto Fricke angetreten. Er hat sich dem Kampf gegen die Staatsverschuldung verschrieben, weil er davon überzeugt ist, dass so der nächsten Generation und der mittelständischen Wirtschaft am besten gedient ist. Von den Immobilienmärkten und dem Wohneigentum hat Fricke als erfahrener Politiker genaue Vorstellungen. Dem Deutschen Bundestag gehört der Jurist und Zahlenmensch von 2002 bis 2013 und dann erneut seit 2017 an. Der 58-jährige Krefelder ist Vater von drei Kindern.

AIZ-Immobilienmagazin: Herr Fricke, Sie sind Haushaltspolitiker. Haben Sie Bezüge zur Bau- und Immobilienwirtschaft?

Otto Fricke: Jetzt wird es ganz schlimm! Ich bin ja Sohn von zwei Rechtsanwälten. Das heißt, ich habe schon als Kind am Mittagstisch miet- und eigentumsrechtliche Fragen mitbekommen. Sehr früh habe ich dadurch den Unterschied zwischen Eigentum und Besitz verstanden. Als ich später bei der Bundeswehr war, zogen meine Eltern aus ihrem angemieteten Wohnhaus mit Anwaltskanzlei um ins Eigentum. Da habe ich als 19-Jähriger die Renovierung des neuen Eigenheims quasi als Bauleiter koordiniert. Und ich habe mir die gesamte Übertragung erklären lassen: Was kostet wieviel, wie sieht das mit dem Grundbuch aus, wofür bekommt die Stadt und das Gericht Geld und so weiter? Ich habe dadurch viel gelernt insbesondere Baumängel bearbeitet. Ebenso in den Schulferien, in denen meine Eltern gewissermaßen Berufspraktika für uns Kinder bei Bekannten organisierten. Ich lernte so die verschiedenen Gewerke des Malermeisters, des Schreiners, des Installateurs oder des Elektrikers kennen. In meiner Tätigkeit als Anwalt habe ich dann viel privates Baurecht gemacht.

Dann haben Sie sich bereits in jüngeren Jahren den Wert des Wohneigentums klargemacht.

Ja, ich konnte dadurch früh erkennen, dass es das eine ist, zur Miete zu wohnen, und welche Vorteile das Wohneigentum hat. Ich habe aber auch früh das Rechnen gelernt: Die Finanzierungsrate fürs Eigenheim darf nicht mit der Miete verglichen werden, sondern der Eigentümer muss auch immer einkalkulieren, auch noch Investitionsmittel zu haben. Vielleicht war dieses Rechnenkönnen auch die Grundlage für meine heutige Tätigkeit als Haushaltspolitiker.

Sie sind dienstältestes Mitglied ihrer Bundestagsfraktion und hatten auch schon den Vorsitz im Haushaltsausschuss des Deutsches Bundestages, dem Sie bis heute als Mitglied angehören. Wie steht es wirklich um die Bundeskasse? Was kommt auf Unternehmer und Bürger zu?

Vielleicht ist ein privatwirtschaftliches Bild zugänglicher: Die Deutschland AG ist ein mittelmäßig verschuldetes Unternehmen. Die Firma hat einen großen Investitionsstau. Und die Unternehmensleitung ist sich über das künftige Geschäftsmodell nicht einig. Ehrlich gesagt: Der Ist-Zustand ist noch befriedigend, die Aussichten negativ. Das kann man nur ändern, wenn man einen Konsens über ein erneuertes Geschäftsmodell herstellt und wieder investiert. Das kann und muss nicht immer der Staat sein. Um die Zukunft zu gewinnen, müssen wir viel stärker privates Kapital in Investitionen lenken.

Kommen wir zu den Immobilienmärkten – wie lautet Ihre Diagnose?

Die deutschen Immobilienmärkte leiden unter fünf Hardcore-Faktoren: Die Älteren bleiben in ihren Häusern, es kommen sehr viele Migranten und ausländische Studierende ins Land, wir bauen zu wenig neu und kommen auch bei der Sanierung von Wohnraum im Bestand nicht voran. Nicht nur der Neubau, auch die Modernisierung der vorhandenen leerstehenden Wohnungen und Häusern scheitert an Bürokratie und zu hohen Kosten.

Als Liberaler lehnen Sie dauerhafte Subventionen für die Wirtschaft ab. Aber ohne öffentliche Förderung lässt sich derzeit doch kaum wirtschaftlich vertretbar bauen.

Richtig, wenn der Staat die Anforderungen ans Bauen erhöht und dadurch das Bauen teurer wird, muss es einen Ausgleich für Bauherren und Mieter geben, sonst funktioniert es nicht. Ich verstehe, wenn die Bau- und Immobilienwirtschaft staatliche Subventionen einfordert, weil diese ja provoziert werden durch hohe Anforderungen und Kosten.

Noch besser ist: Runter mit den Anforderungen! Auch beim Erreichen der Klimaschutzziele. Andernfalls muss man doch sagen: Wenn die Politik den Effizienzhaus-Standard 40 fordert, muss sie dafür sorgen, dass sich das Otto-Normalverbraucher noch leisten können. Zur Miete oder im Eigentum.

Kann die Politik auch ohne zusätzliche Steuergelder den Immobilienmärkten Impulse geben?

Fördern kann die Politik auch ohne Geld: Beispielsweise wenn es darum geht, ein gutes gesellschaftliches Klima fürs Bauen und für Investitionen in den Wohnungsbau zu schaffen. Politik muss helfen, Verständnis dafür zu schaffen, dass es sich lohnen muss zu investieren. Eine Rendite ist nichts Böses, sondern eine Voraussetzung dafür, dass in attraktiven Wohnraum investiert wird. Wer sagt, dass man mit Immobilien kein Geld verdienen darf, meint doch in Wahrheit, der Staat soll es richten. Selbst Wohnungsbau-Genossenschaften müssen Geld verdienen, sonst funktioniert es nicht.

Mit Blick auf die langwierigen Genehmigungsprozesse bin ich auch dafür, einen Bauantrag nach einer überschaubaren Zeit als genehmigt zu betrachten, wenn es keine eindeutige Entscheidung der Baubehörde gibt. Außerdem darf das Mietrecht nicht weiter verschärft werden. Wenn der Gesetzgeber den Vermietern immer nur mit Misstrauen begegnet, darf man sich nicht wundern, wenn weniger in Wohnungen investiert wird oder solche nicht mehr zur Vermietung angeboten werden.

Die soziale Marktwirtschaft sieht eine breite Wohneigentumsbildung der Bevölkerung vor. Tatsächlich lebt noch nicht einmal jeder Zweite im Eigenheim.

Der Eigentumserwerb muss erleichtert werden. In den Niederlanden wurde das durch die steuerliche Abzugsfähigkeit der Baufinanzierungszinsen gelöst. In Deutschland nehme ich wahr, dass eine Mehrheit in der Politik sagt: Wir wollen preiswertes Wohnen, nicht preiswertes Wohneigentum. Verkannt werden dabei die Vorteile, die eine breite Wohneigentumsbildung in der Bevölkerung hat. Eigentümer gehen sorgsam mit ihrer Immobilie und dem Wohnumfeld um, da man dadurch den Wert des eigenen Objekts erhält. Ein Mieter hat weniger Anreize dazu, über den Werterhalt nachzudenken, da er die Immobilie nutzt und dafür zahlt. Außerdem lassen sich von der Politik Mietwohnungsmärkte einfacher regeln als das Wohneigentum. Möglicherweise auch ein Grund, warum es so wenig Unterstützung für die Bildung von Wohneigentum in weiten Teilen der Politik gibt.

Denken Sie als sparsamer Haushaltspolitiker manchmal, dass die Ansprüche ans Wohnen zurückgeschraubt werden müssen, damit sich mehr Menschen wieder die eigenen vier Wände leisten können?

In meiner anwaltlichen Tätigkeit drehten sich die meisten baurechtlichen Konflikte um den Keller. Ein Verzicht darauf und mehr Wohnfläche oberhalb der Grasnarbe bringt finanziell enorm viel. Man kann auch durchs gesamte Haus Kabelund Rohrleitungen verlegen, um an vielen Stellen in den unterschiedlichen Räumen die Küche, die Waschmaschine, die Badewanne oder die Toilette anschließen zu können. Klüger ist jedoch, für alles einen Strang zu haben. Auch ansonsten kann man im Neubau sparsamer planen und auch auf so manches verzichten, um für mehr Menschen das Eigenheim wieder leistbarer zu machen. Verschiedene immobilienwirtschaftliche Studien beweisen ja, welche Kostenersparnisse das bringt.

Dürfen potenzielle Erwerber von Wohneigentum in absehbarer Zeit noch mit einer Entlastung bei der Grunderwerbsteuer rechnen?

Grüße von den Länder-Finanzministern! (lacht) Diese Steuer halte ich ohnehin für fragwürdig. Sie wird zumeist aus bereits versteuertem Einkommen gezahlt. Auch wenn die Grunderwerbsteuer eine Steuer ist, die voll in die Kassen der Bundesländer fließt, muss man zudem sehen, dass die Länder mehr Steuern einnehmen als der Bund. Gesamtstaatlich betrachtet beträgt der Länder-Anteil an den Steuer-Einnahmen in Deutschland 42 Prozent, der Bund erhält 38 Prozent, die Kommunen 14 Prozent, die Europäische Union sechs Prozent. Wenn die Länder ein Interesse haben, das Transaktionsgeschehen an den Immobilienmärkten wieder zu beleben, können sie sofort mit einer Erleichterung bei der Grunderwerbsteuer dafür einen starken Impuls geben.

Veröffentlicht im AIZ-Immobilienmagazin, AIZ 8 / 2024

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