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Stephen Paul im Dialog mit Kai Wegner

Er muss heute manches harte Eisen bewegen – wie einst sein Vater, der als Eisenflechter auf dem Bau arbeitete. Kai Wegner, geboren 1972 in Berlin, war von 2005 bis 2021 Mitglied des Deutschen Bundestages und prägte als baupolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion (2018–2021) maßgeblich die wohnungs- und baupolitische Linie der Union – mit Schwerpunkten auf Eigentumsförderung, bezahlbares Bauen und Bürokratieabbau. Nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag widmete er sich ganz der Berliner Landespolitik. Im April 2023 wurde er als erster CDU-Politiker seit 2001 zum Regierenden Bürgermeister von Berlin gewählt. Am 6. Juni spricht er auf dem Deutschen Immobilientag (DIT) – vorab ist er im Dialog mit dem AIZ-Immobilienmagazin.

Was werden Sie auf dem Deutschen Immobilientag der Branche mit auf den Weg geben? Welche Idee aus Ihrer Zeit als baupolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag lässt Sie bis heute nicht los?

Kai Wegner: Es freut mich sehr, dass sich die Immobilienwirtschaft in Berlin versammelt. Unsere Stadt bietet enormes Potenzial, Investitionen sind ausdrücklich erwünscht, willkommen und werden aktiv unterstützt. Die Bauwirtschaft, Fragen rund um Immobilien begleiten mich seit meiner Kindheit und haben meinen politischen Weg geprägt. Als Bundestagsabgeordneter, insbesondere in meiner Zeit als baupolitischer Sprecher, habe ich an vielen Weichenstellungen mitgewirkt – etwa bei der Einführung des urbanen Gebiets in der Baunutzungsverordnung. Das Projekt „Urbanes Gebiet“ steht für die Stadt der Zukunft: kompakt, vielfältig, durchmischt. Wohnen, Arbeiten, Bildung, Kultur und Freizeit sollen nah beieinander liegen – genau das erwarten die Menschen von modernen Quartieren.

Sie galten im Bundestag als profilierter Mahner für mehr Eigentum und beschleunigten Wohnungsbau. Sehen Sie sich heute nach dem Rollentausch als Regierender Bürgermeister der deutschen Hauptstadt noch in dieser Linie?

Wir müssen in Berlin und anderen Großstädten mehr bauen und schneller bauen. Der anhaltende Zuzug in die Städte, vor allem in die Metropolen, fordert uns alle heraus. Berlin allein hat rund 450.000 neue Einwohnerinnen und Einwohner seit Anfang der 1990er-Jahre hinzugewonnen. Es gibt kaum Leerstand, Wohnungen sind schwer zu finden. Wir müssen deshalb dringend mehr neue Wohnungen bauen, auch um bezahlbare Mieten zu sichern. In Berlin haben wir im Dezember 2024 das Schneller-Bauen-Gesetz beschlossen. Es bündelt rund 100 Maßnahmen und beschleunigt den Neubau erheblich. Wir gehen dabei auch gesetzliche Standards im Umwelt- und Artenschutz an – nicht, um sie abzuschaffen, sondern um zu mehr Maß, Mitte und Vernunft zurückzukehren. In der Vergangenheit wurde vieles aus ideologischen Gründen überreguliert. Das ändern wir jetzt. Früher galt Berlin als Negativbeispiel etwa wegen der unheilvollen Diskussion um Enteignungen, heute schauen viele wieder mit Interesse auf die Hauptstadt. Auch der Wohnungsbau-Turbo im Koalitionsvertrag der Bundesregierung greift Ideen aus unserem Schneller-Bauen-Gesetz auf. Wenn wir gemeinsam Tempo machen, wird der Neubau in Berlin und Deutschland gelingen.

In Artikel 28 der Berliner Verfassung ist die Förderung von Wohneigentum fest verankert. Wird diesem Ziel nach Ihrer Einschätzung heute Genüge getan?

In Berlin hat ein echter Kurswechsel stattgefunden. Eigentum war lange Zeit politisch nicht erwünscht, das hat sich in den vergangenen zwei Jahren unter meiner Regierung geändert. Wir wollen Wohnangebote für alle schaffen: für Menschen mit geringem Einkommen, für die klassische Mitte der Gesellschaft und für junge Familien, die sich den Traum vom Eigenheim erfüllen wollen. Berlin wird immer eine Mieterstadt bleiben. Aber wer den Wunsch nach den eigenen vier Wänden hat, verdient politische Unterstützung. Diese Haltung habe ich schon als baupolitischer Sprecher im Bundestag vertreten – und stehe auch heute dazu. Viele Menschen mit gutem Einkommen scheitern am Eigenkapital. Deshalb haben wir über die Investitionsbank Berlin (IBB) Förderprogramme aufgesetzt, die genau hier ansetzen. Solche Lösungen brauchen wir bundesweit.

Wie bewerten Sie die aktuelle Praxis beim Zweckentfremdungsverbot in Berlin? Das Gesetz verhindert teils den Abriss selbst von maroden oder leerstehenden Immobilien, wenn nicht garantiert werden kann, dass Neubauten zu „auskömmlich bezahlbaren Mieten“ entstehen. Dies hemmt Investitionen und trägt zur Wohnraumverknappung bei.

Wir setzen den Schwerpunkt auf Erhalt und Sanierung von Wohnraum. Abriss sehe ich grundsätzlich skeptisch. Es geht uns um die soziale Balance – ein sensibles und hohes Gut in unserer Stadt. Als Regierender Bürgermeister weiß ich, welches Verhetzungspotenzial im Abriss von Wohnraum steckt. In der Vergangenheit wurden Wohnungsunternehmen und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Berlin angefeindet und beschimpft. Das dürfen wir nicht zulassen. Ich bin dankbar für die Arbeit all jener, die Wohnraum für die Berlinerinnen und Berliner schaffen. Deshalb müssen wir auf Maßnahmen setzen, die die Menschen kennen, verstehen und akzeptieren. Mir ist eine enge Partnerschaft mit allen Akteuren der Immobilienwirtschaft wichtig. Ja, es gibt Leerstandsfälle in Berlin, die auch in der Branche Fragen aufwerfen. Aber mehr Wohnraum entsteht nur im Zusammenspiel: mit kommunalen Wohnungsbaugesellschaften, Genossenschaften und privaten Unternehmen.

Viele Fachleute sehen im Umwandlungsverbot ein Hindernis für Eigentumsbildung durch Mieter. Wie stehen Sie dazu? Besonders kritisiert wird, dass so selbst langjährigen Mietern der Weg zur selbstgenutzten Eigentumswohnung versperrt bleibt – ein Widerspruch zum Verfassungsauftrag.

Hier möchte ich differenzieren: Geht es einem privaten Eigentümer um Altersvorsorge und die Finanzierung des Lebensabends, ist das etwas anderes als bei manchen Investoren, die nur auf maximale Rendite aus sind und deshalb Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umwandeln wollen. Grundsätzlich gilt: Wenn jemand seit 25 Jahren in einer Wohnung lebt und dann innerhalb kurzer Zeit ausziehen soll, halte ich das sozialpolitisch für sehr problematisch. In solchen Fällen brauchen Mieter den Schutz des Staates.

Hamburg setzt mit Typengenehmigungen, Digitalisierung und Standardisierung Maßstäbe. Können Sie sich ein ähnliches Modell auch für Berlin und bundesweit vorstellen?

Typengenehmigungen sind überfällig, und das serielle Bauen ist ein Schlüssel zur Beschleunigung des Wohnungsneubaus. Ob für Schulen, Polizei, Feuerwehr oder Wohnungsbau – in Berlin kann ich mir solche Lösungen sehr gut vorstellen. Auch digitale Antrags- und Genehmigungsverfahren sind längst überfällig. CDU, CSU und SPD wissen: In Deutschland müssen wir deutlich besser und schneller werden – beim Planen, Genehmigen und Bauen.

Was wünschen Sie sich vom Austausch mit der Immobilienwirtschaft?

Politik kann die Probleme am Wohnungsmarkt nicht allein lösen. Deshalb setzen wir in Berlin auf ein partnerschaftliches Miteinander mit der privaten Immobilienwirtschaft. Von einer solchen Zusammenarbeit profitieren alle, nicht zuletzt die Mieterinnen und Mieter, die bezahlbaren Wohnraum brauchen. In Berlin ist noch vieles möglich, so entwickeln wir jetzt nach und nach 24 neue Stadtquartiere. Ich bin auch für eine Randbebauung am Tempelhofer Feld, das den Platz bietet – für neue Wohnungen am Rand des ehemaligen Flugfeldes und für eine nach wie vor einzigartige Freifläche auf dem Tempelhofer Feld. Ich lade alle, die in Berlin investieren wollen, herzlich ein, sich an der von uns gewünschten Randbebauung des Tempelhofer Feldes zu beteiligen. Wir wollen dort ein Stadtquartier der Zukunft entwickeln.

Veröffentlicht im AIZ-Immobilienmagazin, AIZ 5 / 2025

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