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Im Dialog mit Thorsten Alsleben

Thorsten Alsleben, seit April 2023 der Geschäftsführer der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), sorgt mit einem spektakulären Zeichen für Aufsehen: Mit einer großflächigen „SOS“-Projektion auf die Fassade des Berliner Reichstagsgebäudes warnt er vor einer tiefgreifenden Wirtschaftskrise. Die Aktion markiert den Auftakt zu einer breit angelegten Kampagne, die im Vorfeld der vorgezogenen Bundestagswahl am 23. Februar auf die Risiken für den Standort Deutschland aufmerksam machen soll. Am 29. Januar ruft die INSM gemeinsam mit dem IVD und weiteren Partnern zu einer Kundgebung mitten in Berlin auf, um konkrete wirtschaftspolitische Forderungen zu formulieren.

Im Gespräch mit dem AIZ-Immobilienmagazin erläutert Alsleben die Hintergründe der Kampagne und warum die Immobilienwirtschaft eine Schlüsselrolle in der Rettung der deutschen Wirtschaft spielt.

AIZ-Immobilienmagazin: An wen richten Sie Ihren Weckruf?

Thorsten Alsleben: Unser Weckruf richtet sich an die Bundesregierung und die Politik generell, insbesondere aber an die Spitzen der Parteien, die dringend handlungsfähig werden müssen. Zudem sprechen wir die Berliner Blase an, also auch Journalisten, um branchen- und parteiübergreifende Lösungen voranzutreiben. Auch die Gesellschaft, darunter Unternehmer, Beschäftigte und Bürger, sind aufgerufen, den Ernst der Lage zu erkennen.

Viele in der Politik, Medien, aber auch in manchen Teilen der Bevölkerung haben noch nicht erkannt, wie ernst die Lage ist. So ernst wie seit Jahrzehnten nicht. Die Wirtschaft steht an einem Kipppunkt, und wenn die Politik nicht sofort handelt, wird es für Jahre und Jahrzehnte Wohlstandverluste ungeahnten Ausmaßes geben.

Werden Ihre Signale erhört? Wie sind die ersten Reaktionen auf die Kampagne? Wer wirkt mit?

Die Kampagne erzeugt Aufmerksamkeit in Medien und Wirtschaftskreisen, und erste politische Stimmen bestätigen die Notwendigkeit zum Handeln. Während einige Akteure konstruktiv auf die Vorschläge reagieren, bleibt die Reaktion der Regierung bisher zögerlich.

Aber zum ersten Mal scheint es jetzt zu gelingen, dass Verbände und Unternehmen aller Branchen und Größenklassen mitmachen. Es gab nach meiner Kenntnis noch nie so eine breite Bewegung: Schon jetzt machen rund 40 Verbände mit, die jetzt schon für etwa ein Drittel der Erwerbstätigen in Deutschland stehen. Die Kampagne hat das Potenzial, einen starken gesellschaftlichen Impuls zu setzen.

Was kann jeder einzelne Unternehmer und seine Beschäftigten jetzt tun, um die Kampagne zu unterstützen?

Unternehmer und auch ihre Mitarbeiter können natürlich unsere Motive mit dem Slogan „SOS – Die deutsche Wirtschaft ist in Gefahr“ in den sozialen Medien teilen. Wir werden demnächst auch die Möglichkeit für Unternehmer eröffnen, Testimonials hochzuladen, die wir dann verbreiten.

Und am wichtigsten: Am 29. Januar um 13 Uhr soll es einen bundesweiten Wirtschaftswarn-Tag geben, bei dem möglichst viele Unternehmen vom Ladenlokal und Handwerksbetrieb bis zum Großkonzern ein großes SOS Richtung Regierungsviertel senden sollen. Auf keiner Wahlkampfveranstaltung der Parteien darf dieses Thema fehlen. Jeder Politiker muss wissen: Wenn ich nicht konkrete Lösungen anbiete, die die Wirtschaftswende sofort herbeiführen, muss ich mich am Wahlstand gar nicht erst blicken lassen.

Wo sehen Sie die Immobilienwirtschaft dabei?

Die Immobilienwirtschaft spielt eine zentrale Rolle, da die Krise des Wohnungsbaus symptomatisch für die Fehlsteuerungen der Politik steht: Überregulierung, die das Bauen verteuert, verlangsamt oder unmöglich macht und Vermietung erschwert, ein fehlgeleiteter Klimaschutz, der an der falschen Stelle Kosten explodieren lässt.

Darunter leiden nicht nur die Unternehmen der Branche, sondern auch vor allem die Menschen durch fehlendes Angebot und hohe Preise. Gerade im Immobiliensektor könnte man mit Deregulierung sofort einen Boom erzeugen. Deshalb wäre es wichtig, dass gerade die Vertreter dieser Branche sich mit für die Wirtschaftswende einsetzen. Es geht jetzt um alles.

Genügt eine reine „Wirtschaftswende“? Oder braucht es auch eine „geistige Wende“?

Eine reine Wirtschaftswende reicht nicht aus; es bedarf auch eines kulturellen Umdenkens. Wir brauchen den Neustart, und darauf pochen wir als INSM. Arbeit und Leistung müssen stärker wertgeschätzt werden, um die Grundlage für nachhaltigen Wohlstand zu schaffen. Unternehmertum und Selbstständigkeit sollen als treibende Kraft für Innovation und Wachstum angesehen werden und nicht mit Misstrauen und Neid beäugt werden. Nur mit einer neuen Wertschätzung der Leistungskultur kann Deutschland langfristig wettbewerbsfähig bleiben.

Warum ist die nächste Wahlperiode des Deutschen Bundestages so entscheidend?

Die nächste Wahlperiode bietet die letzte Chance, die notwendigen Reformen entschlossen umzusetzen. Ein Scheitern würde die Deindustrialisierung beschleunigen und die wirtschaftliche Attraktivität weiter schwächen. Deutschland würde vom Industrieland zum Industriemuseum.

Wir würden für Investoren unattraktiv und für ausländische Fachkräfte auch. Und viele der besten, die jetzt noch da sind, würden ins Ausland abwandern. Und wir bekämen eine weitere Radikalisierung mit Stärkung extremer Parteien, die die Regierungsfähigkeit erschweren. Nur durch entschiedene, schnelle politische Maßnahmen kann der Abwärtstrend in einen Aufschwung gewandelt werden.

Veröffentlicht im AIZ-Immobilienmagazin, AIZ 1/2025

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